Hallo Zehlendorf,
Danke an alle, die letzten Freitag, den 18. November 2022, zur Bürger:innen-Versammlung gekommen sind.
Unter folgenden Links finden Sie die gezeigten Präsentationen und zur Dokumentation auch die schriftlichen Rückmeldungen auf unsere Fragen im Vorfeld der Versammlung: Infofolien der Bürgerinitive und Input-Vortrag zum Bahnhof und Input-Vortrag zum Rathaus und Input-Vortrag zum öffentlichen Raum und Antwortschreiben Schellenberg – Bezirksbürgermeisterin und Antwortschreiben Cziborra – MdA – SPD und Anwortschreiben DB-Netz und Anwortschreiben BVV-Linksfraktion.
Mit ca. 75 Leuten war der alte BVV-Saal am Freitag voll besetzt. Mitglieder:innen der Bürgerinitiative haben zu ihren jeweiligen Herzensthemen – Bahnhof – Rathaus – Stadtplätze – Klima – Kurzvorträge gehalten.
Anschließend kamen vorwiegend die anwesenden Politiker:innen, von den Vertertern des Bezirksamtes und BVV-Fraktionen über die Mitglieder des Abgeordnetenhauses bis zu unseren Bundestagsabgeordneten, zu Wort und konnten auf unsere Fragen ihren Wissenstand bzw. ihre Positionen zu den Themen mit allen Anwesenden teilen. Danke für das zahlreiche Kommen und auch für die Recherchen einiger im Vorfeld der Versammlung und ihrer schriftilchen Antworten zu den abgefragten Themen.
Unsere letzte Bürgerversammlung im Herbst 2019, noch vor Corona, hatten wir im Droste-Gymnasium auf einem Samstag als Stadtworkshop mit Arbeitsgruppen und Plena organsiert. Das war ein echter Bürgerdialog der damals über 80 Teilnehmenden untereinander und der der mitwirkenden Kommunal- und Landespolitik (da waren auch mindestens 10 Politiker:innen aller Ebenen).
Unsere Versammlung letzten Freitag hatten wir bewußt vorwiegend als Informationsveranstaltung organisiertals und weniger als Bürgerwerkstatt. Wir hatten den Eindruck, es braucht überhaupt werst einmal wieder einen gemeinsamen Informationsstand und es gibt das Bedürfnis von den für Zehlendorf Verantwortlichen aus Verwaltung und Politik endlich mal wieder persönlich und live erfahren zu können, was „die Politik“ überhaupt gerade macht und was ihr Wissenstand zu den anstehenden Stadtumbauprojekten in Zehlendorf Mitte ist.
Diese Erwartung, so schien mir, konnten letzten Freitag erfüllt werden. Die zwei Stunden Bürger:innen-Versammlung lieferte eine kompakte Ladung Information quer zu allen wichtigen Fragen, auch wenn in der kürze der Zeit nur die „großen“ Themen beraten werden konnten.
Folgende drei Punkte, was die Informationen und Diskussionen vom letzten Freitag betreffen, scheinen mir im Nachgang zentral für die Frage, was den zeitlich immer näher rückenden „großen“ Stadtumbau der Zehlendorfer Mitte betrifft:
1. Bei den Grundfragen – Westzugang zum Bahnhof vom Postplatz und der Machnower VOR der Großbaustelle am Bahnhof bauen – den Rathausumbau gut planen und bitte nicht nur als Verwaltungsprojekt sondern als neue gemeinsame Ortsmitte-Entwicklung – den Stadtumbau weg von der Autostadt hin zu einer klimafreundlichen Stadt für Mensch und Planet gestalten – gibt es große Einstimmigkeit, sowohl bei den Bürger:innen im Saal, als auch bei den anwesenden Politiker:innen über alle Parteigrenzen hinweg. Nur wird nach wie vor zu wenig wirklich angepackt und viel zu wenig für die Öffentlichkeit nachvollziehbar informiert.
2. Was den Bahnhof betrifft ist der Stand wohl so, dass die Planung- und Abstimmungsphase zwischen DB und Land Berlin zur großen Baustelle – Brückenneubau samt Sanierung von Bahnsteig A und B – im Sommer nächsten Jahres abgeschlossen sein.
Dann würden die konkreten Bauvorplanungen und Bauausschreibungen beginnen. Bauvorbereitende Arbeiten würden nach dem Zeitplan im zweiten Halbjahr 2025. Der Baubeginn ist baubetrieblich für 2026 vorgesehen und wird wohl 2 bis 3 Jahre dauern.
Während der ganzen Bauzeit soll die S-Bahn, wenn auch nur im Pendelbetrieb, durchfahren. Der Ostzugang zu Bahnsteig A – dem S-Bahn-Bahnsteig – soll wohl bis Anfang 2027 nutzbar sein. Der Bahnsteig B – alter Regionalbahn-Bahnsteig – soll ab 2027 als Behelfsbahnsteig (oder bereits sanierter neuer Regionalbahn-Bahnsteig) für den S-Bahn-Verkehr für die Zeit bis Ende 2028 genutzt werden. Dazu muss man wissen, die Schienenbreite für die S-Bahn und Regionalbahn sind gleich und ein Umschwenken auf Bahnsteig B ist technisch relativ unaufwendig realisierbar. Und man merke sich: dieser Ablaufplan deutet darauf hin, dass die DB sich inzwischen entschieden hat, beim Abriss und Neubau von Süden nach Norden vorzugehen.
Eine Vollsperrung des Teltower Damms für den LKW-, Auto- und Radverkehr wird es während der 2 bis 3 Jahre Bauzeit wohl nur an einigen, wenigen Tagen geben, genau dann, wenn die alten Brücken rausgehoben werden bzw. die neuen Brücken eingesetzt werden.
Ansonsten wird es über lange Zeit an der Brückbaustelle eine Baustellenampel geben, wo im Wechsel jeweils nur eine Spur für den Straßenverkehr freigegeben wird. Ob es schon Pläne gibt, ob und wie die Machnower in der Zeit zur Einbahnstraße wird, wissen wir nicht.
Was den Westzugang vom Postplatz und der Machnower betrifft, betonten alle Redner:innen: Da müssen wir bis nächsten Sommer gemeinsam nochmal richtig politischen Druck machen, damit er bei Vertragsabschluss zur Brückenbaustelle nicht nur als Randnotiz in dem Sinne vermerkt wird, OK den bauen wir dann auch (vielleicht) noch, aber erst wenn die Großbaustelle fertig ist.
Frau Jarasch, unsere aktuelle Verkehrssenatorin, hat vor wenigen Wochen auf einer Versammlung auf Nachfrage öffentlich bekannt gegeben, die Landesregierung will den Westzugang vom Postplatz und der Machnower. Sie hat der DB zugesichert, die Kosten für den Bau will das Land vollständig übernehmen.
Wenn das so ist, spricht nichts dagegen bzw. vieles dafür, die Unterführungs- und Bahnsteigzugangsbauten am Westende der Bahnsteige von Süden nach Norden gleich mit zu bauen.
Würde man den Westzugang erst ab 2029, also nach Fertigstellung der Großbaustelle an den Brücken angehen, würden sich die Bauarbeiten nur noch länger hinziehen und zeitweise der S-Bahn- oder ggf. dann auch schon Regionalbahn-Verkehr wieder nur eingeschränkt möglich sein.
Würde der Westzugang parallel von Süd nach Nord gleich mitgebaut, spart man sich einiges an Behelfszugangsbauwerken, die nachträglich wieder zurückgebaut werden müssen, und – gut vorbereitet – ließe sich bereits wenige Wochen nach der beidseitigen Vollsperrung der Ostzugänge Anfang 2027 der neue Westzugang für den Fußverkehr auch vom Postplatz als Zugang zu Bahnsteig B eröffnen.
Ich hatte bereits 2016, als auf den Gleisen an Bahnsteig B noch Güterzüge verkehrten, einmal schriftlich bei der DB nachgefragt, ob es wegen des geplanten Baus des Westzugangs zu Lieferproblemen kommt, weil Güterzüge ausfallen? Die Antwort war kurz und klar: Durch den Bau würde keiner der bestellten Güterzugverkehre ausfallen. Von der Demontage der Schiene, über das oberirdische Ausbaggern und Einsetzen der vorgefertigten Betonteile bis zur Montage der Schienen, reicht die 6 wöchige Sommerpause des damaligen Güterverkehrs voll aus.
Angesichts dieser Fakten sollte sich der gemeinsame Druck darauf konzentrieren, dass die Senatsverwaltung VOR Vertragsunterzeichnung mit der DB auf klar definierte Bauablaufpläne pocht, in denen der Westzugang als der Schlüssel zur durchgängigen Erreichbarkeit der S-Bahn parallel mit gebaut wird.
3. Was das Rathaus und die Stadtplanung der öffentlichen Räume betrifft, war die wichtigste Information, ein Redebeitrag von unserem für Stadtplanung zuständigen Bezirksstadtrat Michael Karnetzki. Er berichtet von einer Senatsabfrage die bis März 2023 beanwortet werden soll, wo es um das Abrufen von Mitteln zur Stärkung der lokalen Zentren. Über diesen „Fördertopf“ könnte der Bezirk endlich das lange geforderte Projekt zur Entwicklung eines integrierten Stadtentwicklungskonzeptes finanzieren. So ein Projekt würde eine Reihe von Bürgerwerkstätten organisiert von professionellen Stadtplanungsbüros ermöglichen und der personell stark unterbesetzten Bezirksverwaltung helfen, schneller konkrete Pläne zur Umgestaltung der Zehlendorfer Mitte im Dialog mit den Bürger:innen zu entwerfen.
In vielen Beiträgen am Freitag wurde wieder einmal deutlich, wie sehr es darauf ankommen wird, sowohl alle Themenfelder, als auch die gemeinsame Zeitplanungsachse bei den Planungen mit zu denken. Was hilft es, wenn der Teltower Damm ein Busspur bekommt und ein halbes Jahr später alles wieder rückgängig werden muss, weil es kein Lieferverkehrskonzept gab. Was hilft es, wenn man erst zu Beginn der Rathausbaustelle sich fragt, wie organisieren wir denn nun das Parken im Zentrum ohne die zentrale Fläche hinter dem Rathaus. Da muss natürlich vorher ein integriertes Parkraumkonzept umgesetzt sein. Diese Liste ist lang. Die Abhängigkeiten können aber nicht als Grund dafür genommen werden, weiterhin erstmal nichts zu machen. Verkehrssicherheit geht immer, den Markt und Plätze weiterentwickeln geht immer, LKW-Durchgangsverkehr verringern geht immer, Bus- und Bahnverkehr ausbauen geht immer…
3. Was mehr und bessere Information und Bürger:innenwerkstätten im kommenden Jahr betrifft, gab es klare Zusagen. Die Bezirksbürgermeisterin schreibt, sobald die überarbeitet rathausintere Bedarfsanalyse fertig ist, wird sie die Bürgerschaft in die weitere Planung erneut mit einbeziehen. Nach offiziellem Plan müsste es im Sommer bereits einen Architektenwettbewerb geben, natürlich auch mit Bürger:innen-Beteiligungsformat. Und es müsste dann auch weiter die Außenflächenplanung gehen, natürlich auch mit Bürger:innen-Beteiligungsformaten.
Wir stellten Urban Aykal, unser Bezirksstadtrat für Grünflächen, Tiefbau, Straßen, Ordnungsamt und Verkehr, am Ende der Versammlung folgende Schlussfrage „Müssen wir wieder erst bis nächsten Herbst auf eine weitere Bürger:innenversammlung der BI warten, um über den neuesten Stand der Stadtentwicklung von der Politik mehr zu erfahren, oder wird es vorher bereits Bürgerwerkstätten oder andere Bügerdialoge vom Bezirksamt organisiert dazu geben?“
Seine Antwort darauf war: Er will zusammen mit seinen Kolleg:innen vom Bezirksamt dafür sorgen, dass nächstes Jahr zur Zehlendorfer Mitte Bürgerdialoge organisiert werden. Und er fügte hinzu: Aber dann auch richtige Bürgerwerkstätten und nicht nur solche Info-Veranstaltungen, wie am heutigen Abend, wo fast nur die Politiker:innen zu Wort kamen.
Schön, wenn ein Bezirksstadtrat eines Bezirksamtes, dass seit Jahren eher zurückgezogen arbeitet, Lust auf das direkte Gespräch mit uns Bürger:innen hat, am liebsten draußen und am konkreten Problem.
Dieses Versprechen nehmen wir ernst und hoffen, er hält Wort.
Wir wünschen sowohl Herrn Karnetzki viel Erfolg beim beantragen entsprechender Mittel beim Senat dafür und Herr Aykal beim Organisieren entsprechender Leute, die solche Veranstaltungen und Workshops dann nächstes Jahr und im weiteren Verlauf auch organisieren. Wir bleiben auf alle Fälle dran.
Wir wünschen allen, kommen Sie gut durch den Winter und bleiben sie hoffnungsfroh.
Viele Grüße
Christian Küttner